Sharing-Systeme
Besitzt du noch oder teilst du schon?
Gerade in den letzten Jahren hat der Begriff ‚Sharing‘ immer mehr an Bedeutung gewonnen und Teilen wurde zu einer Lebenseinstellung – denn ‚Sharing is caring‘. Neben dem Teilen von Lebensmitteln (z.B. foodsharing.de) oder Werkzeugen (z.B. nebenan.de) hat aber vor allem das Teilen von Verkehrsmitteln zu genommen. Dies hat unter anderem mit dem Aufkommen neuer Anbieter in diesem Geschäftsfeld sowie dem Aufkommen neuer Technologien (z.B. E-Fahrzeuge) zu tun.
Die klassischste Form des Teilens von Verkehrsmitteln nimmt das Carsharing ein. Denn das Teilen von Autos bzw. E-Autos kam bereits vor 25 Jahren auf und gewann seither stetig an Beliebtheit. Aktuell (Stand Januar 2020) wird in 840 Orten in Deutschland Carsharing durch 226 Carsharing-Unternehmen, –Genossenschaften und -Vereine angeboten (Zahlen von Carsharing-News.de).
Geradezu einen explosionsartigen Zuwachs an neuen Anbieter hat in den letzten Jahren das Bike-Sharing erlebt. Einer der ersten Anbieter für Leihfahrräder in Deutschland war die Deutsche Bahn mit Call–a–Bike. Das Unternehmen bietet mittlerweile in 70 Städten und Kommunen in Deutschland Fahrräder und E-Fahrräder zur Nutzung an und koppelt ihr Angebot teilweise mit bereits vorhandenen regionalen Systemen, bspw. das RegioRadStuttgart (Stuttgart) oder das StadtRAD (Hamburg). Neben Call-a-Bike stellt auch Nextbike als eines der ersten Unternehmen Fahrräder und Pedelecs zum Teilen zur Verfügung. Neben Deutschland konzentriert sich das in Leipzig gegründete Unternehmen auch auf den europäischen Markt und ist in 200 Städten in Europa (25 Länder) aktiv.
Erst seit Kurzem können in verschiedenen deutschen Städten auch E-Roller (Motorroller) und E-Scooter (Tretroller) ausgeliehen werden. Insbesondere die Verbreitung der E-Scooter im Rahmen von Sharing-Systemen stellt die Verkehrsplanung vor neue Konflikte zwischen den Verkehrsteilnehmern und fordert Abwägungsprozesse über die Neuverteilung des Öffentlichen Raums.
mehr anzeigen Welche Sharing-Systeme gibt es überhaupt und welches passt zu mir? Sharing-Systeme können unterschiedliche Varianten aufweisen. Allerdings können nicht alle Verkehrsmittel in jeder Variante genutzt werden – bis auf das Carsharing. Die klassische Sharingvariante ist das stationsbasierte Sharing. Hierbei steht das Verkehrsmittel an festen Stationen zur Verfügung. Der Nutzer wählt über die Internetseite oder die Smartphone-App des Anbieters das passende Fahrzeug an einer Station aus und reserviert es. Dafür muss sich der Nutzer zuvor beim jeweiligen Anbieter anmelden und je nach Verkehrsmittel z.B. den Führerschein verifizieren (Carsharing). Das ausgeliehene Fahrzeug wird an der gleichen Station zurückgegeben, von der es abgeholt wurde. Diese Variante ist sehr beliebt, da bspw. beim Carsharing (z.B. stadtmobil, cambio) meistens verschiedene Fahrzeugklassen zur Auswahl stehen und die Kosten pro Stunde relativ gering sind. Nicht nur für Carsharing wird als stationsbasiertes Sharing betrieben, die meisten Bikesharing-Anbieter wählen dieses Modell zur Vermietung. Eine weitere Variante, die vor allem in Großstädten genutzt wird, ist das sogenannte Free-floating Sharing. Die Fahrzeuge eines Anbieters sind innerhalb des Geschäftsgebietes verteilt und können über die Smartphone App vom Nutzer geortet, reserviert und gebucht werden. Die Reservierung lässt sich aber nur für einen kurzen Zeitraum vor der Buchung durchführen, damit Fahrzeuge nicht für längere Zeit von einem Nutzer blockiert werden. Dieses System lebt von der flexiblen Buchung, Nutzung und Abgabe des Fahrzeugs. Auch für diese Variante muss der Nutzer beim Anbieter registriert sein. Neben dem Carsharing (z.B. ShareNow, Sixt share) werden ebenfalls E-Roller (z.B. Stella Sharing, emmy) und E-Scooter (z.B. Lime, Vio) über dieses Modell vermietet. Teilweise nutzen auch Bikesharing-Anbieter das stationsunabhängige Sharing, allerdings hat dies stark abgenommen, nachdem ausländische Anbieter vor ein paar Jahren den öffentlichen Raum in vielen (deutschen) Großstädte mit ihren Stadtbikes ‚geflutet‘ haben. Immer mehr Carsharing-Anbieter kombinieren auch beide Sharing-Varianten miteinander. Neben dem Sharing durch ein Unternehmen können Fahrzeuge auch von Privatpersonen zur Verfügung gestellt werden, was gerade für den ländlichen Raum eine Alternative darstellt. Das Sharing durch Privatpersonen existiert in organisierter Form für das Ausleihen von Autos bspw. über die Plattform SnappCar oder getaround. Beim privaten Carsharing wird das Fahrzeug durch eine Privatperson auf einer Plattform angemeldet und kann dann von einer anderen Privatperson gemietet werden. Dadurch stehen viele verschiedene Fahrzeugmodelle zur Verfügung. Die Digitalisierung verändert auch das Sharing. Durch die Digitalisierung wurden weitere Angebote geschaffen bzw. vorangetrieben, die die Personenbeförderung verändert und starken Einfluss auf die Mobilität der Menschen haben: das Ridesharing und das Ridepooling. Diese neuen Angebote bewegen sich zwischen dem ÖPNV und einer Taxifahrt – d.h. es besteht kein fester Fahrplan oder eine Route (vergleichbar mit einer Taxifahrt), aber es können Personen unterwegs aus- und zusteigen (wie beim ÖPNV). Die älteste Form stellt wohl das Ridesharing dar – mehrere Personen teilen sich ein Fahrzeug auf einer Strecke. Handelt es sich dabei nicht um eine gemeinsame Fahrt von Freunden oder Arbeitskollegen, läuft Ridesharing i.d.R. über eine Online-Mitfahrzentrale (z.B. BlaBlaCar, Uber) via Internetseite oder App ab. Über die Mitfahrzentrale können Privatpersonen, die noch freie Plätze im Auto haben, diese für andere Privatpersonen zur Verfügung stellen. Der Fahrer gibt sowohl die Fahrtstrecke, die Uhrzeit, als auch den Fahrtpreis vor, wobei es i.d.R. darum geht, die Fahrtkosten zu decken und nicht darum Geld zu erwirtschaften. Eine Weiterentwicklung des Ridesharings ist das Ridepooling, welches in den letzten Jahren immer mehr an Beliebtheit gewonnen und zur Gründung neuer Anbieter (z.B. MOIA, CleverShuttle, FREE NOW) geführt hat. Ziel ist es, die Fahrtstrecken mehrerer Personen zu ‚bündeln‘. Allerdings erfolgt die Bündelung der Fahrten nicht durch den Fahrer, sondern mithilfe eines mathematischen Algorithmus der Ridepooling-App. Der Fahrgast gibt sein Fahrtziel ein und die App rechnet den Fahrtwunsch in Echtzeit auf die zur Verfügung stehenden Fahrzeuge der Flotte um. Für die Fahrgäste entstehen so ggf. kleine Umwege, aber dafür liegt der Fahrtpreis auch deutlich unter dem einer Taxifahrt. Sharing kann auch im kleinen Kosmos funktionieren – Modelle auf der Quartiersebene Einheitliche Sharing-Systeme funktionieren nicht nur in Großstädten oder in kleinen Nachbarschaften auf dem Land. Gerade in geschlossenen Räumen, wie bspw. einem Wohnquartier oder auch einem Wohngebäude bzw. einem Wohnkomplex, bietet das Teilen von Fahrzeugen ganz neue Möglichkeiten und Anreize für die Bewohner, in genau so einem Quartier leben zu wollen. Daher kann die Kombination aus Wohnen und Mobilität einen Wettbewerbsvorteil gegenüber konkurrierenden Bauprojekten bedeuten. Gerade für Kommunen, aber auch für (kommunale) Unternehmen, die im Wohnungsbau oder der Wohnungsvermietung aktiv sind, ist dieser Ansatz interessant. Denn die Planung von Sharing-Systemen findet nicht nur in Neubauvorhaben Anwendung, sondern kann auch in Bestandsgebäuden nachträglich eingeführt werden. So können Sharing-Systeme langfristig an mehreren Standorten etabliert werden – dabei ist allerdings zu beachten, dass die Ausstattung mit unterschiedlichen Fahrzeugen an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden muss. Zu beachten sind bspw. die Bewohnerstruktur (Alter, Fahrzeugbesitz, etc.) oder die geographische Lage des Quartiers/Gebäudes. Zudem ist es bei der Einführung des Sharing-Systems wichtig, die Bewohnerschaft aktiv mitzunehmen. Deshalb sollte die Einführung durch Öffentlichkeitsarbeit begleitet werden – zum Beispiel in Form einer Aktivierungskampagne mit Informationen zum neuen Angebot, aber auch Testangeboten, um die neue Mobilität erlebbar zu machen. Entscheidend ist ein ganzheitliches Mobilitätskonzept, was auf die Gegebenheiten vor Ort abgestimmt ist. Das ISME entwickelte von 2016-2018 für die Jenaer Nahverkehrsgesellschaft mbH im Rahmen eines Elektromobilitätskonzepts ein „Umsetzungskonzept zur flächendeckenden Etablierung integrierten Pedelec- & E-Carsharings in Jenas Wohnstandorten (‚JE-mobil‘)“. Ziel des Geschäftsmodells war es ein integriertes Angebot aus Wohnen, elektrischen Sharing-Systemen und öffentlichem Verkehrsangebot für die Bewohnerschaft (geschlossene Nutzergruppe) zu schaffen. Ferner beinhaltet das Konzept die Erstellung eines Umsetzungs- und Beschaffungsplan, um das Sharing in weiteren Quartieren anbieten zu können. Immer mehr Aufmerksamkeit kommt der Thematik ‚Elektromobilität im Wohnungsbau‘ (Verweis auf Unterseite ‚Elektromobilität im Wohnungsbau‘) zu. In diesem Zusammenhang erarbeitete das ISME (damals noch Forschungsgruppe am Städtebau-Institut der Universität Stuttgart) von 2012-2014 mit den Mittelstädten Göppingen und Schwäbisch Gmünd das Projekt EMiS „Elektromobilität im Stauferland – integriert in Stadtentwicklung und Klimaschutz“. Kern des Projekts war es, die Anforderungen der Elektromobilität in die Stadtentwicklungs– und Klimaschutzkonzeption zu integrieren sowie den Beitrag zum Erreichen städtischer Entwicklungs- und Klimaschutzziele zu erproben. Ein Themenfeld des Projekts war das Wohnortnahe E-Carsharing. Gemeinsam mit dem Projektpartner Wohnbau GmbH Göppingen (WGG) wurde das Wohnquartier StadtGarten zur Implementierung eines wohnortnahen E-Carsharings ausgewählt. Die Einführung des Carsharings wurde von verschiedenen Marketing- und Informationsmaßnahmen begleitet. Durch das frühe Mitdenken von Sharing-Systemen in der Wohnbauplanung bietet sich auch die Chance, eine Stellplatzreduktion zu bewirken. Zudem ist es möglich, den Stellplatzschlüssel durch eine Koppelung mit weiteren Angeboten nachhaltiger Mobilität zusätzlich zu senken. Weitere Informationen zur Quartiersmobilität in Wohngebieten finden Sie hier. Sollten Sie sich für die Einführung sowie Etablierung eines Sharing-Systems interessieren, sprechen Sie uns gerne per E-Mail oder telefonisch an. Wir beraten Sie in diesem Zusammenhang auch gerne zu aktuellen Förderprogrammen speziell für diese Thematik.
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Marie-Luise Schönherr
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